Ich habe doch den Kontakt abgebrochen – will Gott überhaupt noch etwas mit mir zu tun haben?
In den letzten Tagen ist mir eine solche Frage begegnet.
Zunächst musste ich an zwei Brüder denken. Die beiden reden schon seit Jahren kein Wort mehr miteinander. Es ging damals um eine Erbsache, in der sie sich nicht einigen konnten. Der Streit schaukelte sich hoch und jeder zog sich auf seine Position zurück. Zwischen den beiden entstand eine Mauer, die immer höher wurde. Mittlerweile steht sie da wie ein Jahrhundertbauwerk. Keiner kann mehr drüber schauen. Sie ist hoch und undurchlässig. Am Anfang fanden die beiden Brüder die Mauer richtig gut. Jeder hat sich auf seiner Seite eingerichtet. Wozu brauche ich schon den anderen? Ich komme auch allein klar. Nach einiger Zeit wird einer der Brüder krank. Er braucht dringend Stammzellen seines Bruders, sonst wird er vermutlich sterben. Er traut sich nicht, mit dem gesunden Bruder Kontakt aufzunehmen. Er ist sich sicher: Der wird ihm nicht helfen. Irgendwann erfährt der Gesunde von der Krankheit seines Bruders. Für ihn ist klar: Ich muss helfen. Er greift zum Telefon und ruft den Kranken an. Die beiden kommen ins Gespräch, erst ganz zaghaft, aber dann immer intensiver. Die Mauer wird brüchig. Der Kontakt ist wieder hergestellt.
Dazu ist mir eine Geschichte aus der Bibel eingefallen. Eines Tages kommt ein Zöllner zum Tempel. Dieser Mann hat schon lange nichts mehr von Gott gehört. Er hat sein Leben gelebt. Meistens hat er gutes Geld verdient. Gott brauchte er bisher in seinem Leben nicht. Was in seinem Leben passiert ist, beschreibt die Bibel nicht. Aber der Zöllner kommt eines Tages in die Nähe des Tempels. Er traut sich gar nicht hinein zu gehen, denn im Tempel sind all die Frommen versammelt. Die schauen auf ihn doch nur mit arroganten Blicken herab. Sie sind doch die guten, er der böse. Er bleibt vor dem Tempel stehen, schlägt sich auf die Brust und sagt: Gott sei mir Sünder gnädig. Jesus schließt das ganze mit der Botschaft: Der Zöllner hat seinen Weg zu Gott gefunden. Die Mauer zwischen den beiden ist gebrochen. Gott nimmt ihn mit offenen Armen in Empfang.
Irgendwie finde ich mich in den Brüdern und auch im Zöllner wieder. Wenn alles gut läuft, dann richte ich mich in meinen Leben ein. Ich lebe hinter meiner Mauer in meiner Welt. Wozu brauche ich schon Kontakt zu meinem Bruder, wozu brauche ich Kontakt zu Gott? Und wenn ich dann mal über die Mauer rüber bete, scheint er mich nicht zu hören. Es ist Funkstille auf der anderen Seite. Der Kontakt scheint abgebrochen zu sein.
Doch dann kommt etwas, was das Leben grundlegend verändert. Zur Zeit ist es die Coronakrise. Das Leben ist eingeschränkt, vor allem haben die meisten Menschen schreckliche Angst. Eine Bekannte hat mir dazu geschrieben: Haben die, die solche Angst haben, gar keinen Glauben? Ich denke, den haben sie schon, aber die Mauer ist einfach zu hoch, der Kontakt zu Gott scheint abgebrochen. Da hilft nur eines: Den ersten Schritt tun. Das fällt das schwer. Manchmal habe ich einfach die alten Worte des Zöllners benutzt: Gott sei mir Sünder gnädig. Mir hat das geholfen, die Mauer wurde brüchig. Ich konnte wieder zu Gott sprechen. Vielleicht mögen sie ja auch mit Gott Kontakt aufnehmen. Versuchen sie es doch auch mal mit den alten Worten: Gott sei mir Sünder gnädig. Oder einfach nur: Gott, hier stehe ich und habe Angst, bitte hilf mir! Er wird ihr Gebet hören. Erzählen sie ihm alles von der Seele, die Mauer wird brechen, da bin ich mir sicher. Und er wird ihnen Mut machen und die Angst nehmen. Der Kontakt ist wieder hergestellt. Bleiben sie behütet und gesund!
Ihr Pastor Mark Trebing
Ihr Pastor Mark Trebing